Wie ihr wisst, liebe ich Vintage und Nostalgie. Und in Bildern ganz besonders. Und in diesem Jahr hatte ich mir in den Kopf gesetzt, ein weihnachtliches Vintagebild zu gestalten. So weit, so gut. Der Plan stand ...
Weihnachtliches Märchenshooting - Foto, Outfit, Texture Blend - Jana Bath 2019 |
Die geistige Vorbereitung:
Google weiß alles und hat zu jedem Thema auch Fotos parat.So googelte ich zunächst nach weihnachtlichem Vintage-Flair. Und je nostalgischer sie wurden, desto weniger rot war in den Bildern zu finden. Da fiel mir die Coca Cola Geschichte ein und ich erinnerte mich, irgendwann gehört zu haben, dass Coca Cola den Weihnachtsmann hat erröten lassen.
Die Umsetzung:
So war rot raus und grün im Fokus. Ich kramte in meinem üppigen Stofffundus - Frau Hasselmann sei dank (Ich hoffe Ihr geht es zwischen all den Sternen richtig gut... [1])! Ich wurde fündig und freute mich über eine ausreichende Menge grünen Stoffes. Er lag schon so viele Jahre in einer Kiste und konnte nun endlich verarbeitet werden.
Aus dem grünen Stoff wurde ein handgenähtes Cape. Ich nähte mir mehrere Tage die Finger wund, mit der Nähmaschine wäre das ratz fatz erledigt gewesen, aber ich wollte eben keine sichtbare, artige, neuzeitliche, gerade Naht. Meine Mutter sponserte einen alten Fellkragen irgendeines Mantels, den sie schon Jahre nicht trug.
Erst Luftballon, dann Hut:
Der Hut war wohl das aufwendindigste Teil von allen. Ich habe mit Hilfe eines Luftballons in Kopfgröße des Models, zunächst eine Art Rohling angefertigt und diesen dann mit Papier beklebt um ihn anschließend mit dem grünen Stoff zu überziehen. Mit meinem Lieblingswerkzeug, der Heißklebepistole, wurden noch dekorative, weihnachtliche Elemente befestigt und Voilà - fertig war das altertümliche Häubchen.
Die Generalprobe:
Zur Probe habe ich mir das Cape übergeworfen, den Hut aufgesetzt und bin in das Zimmer meines Sohnes marschiert. Er schaute mich mit großen Augen an und rief erstaunt aus: "Du siehst aus, wie eine Figur aus 'Drei Haselnüsse für Aschenbrödel!'"
Ich eilte sogleich zum Spiegel und tatsächlich. Ich sah aus wie das Aschenbrödel, welches sich als Jäger verkleidet hatte.
Das Outfit war nun fertig, der Model-Termin gemacht - mal sehen, wie das Ergebnis aussehen wird.
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Hintergrundinfos:[1] Wer war Frau Hasselmann? Eine ältere, resolute Dame. Ich war paarund zwanzig, noch kinderlos und hatte einen Freund. Wir wohnten im Dachgeschoss in der KTV. Frau Hasselmann wohnte bei uns im Haus, im ersten Stock, gemeinsam mit ihrem etwas mürrischen Mann. Immer wenn ich von der Arbeit nach Hause kam, musste ich an ihrer Tür vorbei. Irgendwann lud sie mich zu sich ein und zeigte mir ihre Handarbeiten und so entdeckten wir Gemeinsamkeiten. Ihr Mann lobte schon lange nicht mehr die unzähligen Puppenkleidchen, die sie nähte, ich freute mich über diese Abwechselung und sah mir gerne ihre aufwendigen Arbeiten an.
Ab diesem Zeitpunkt brachte sie mir immer Stoffreste im Dachgeschoss vorbei und freute sich diebisch, dass ich jedes einzelne Stückchen Stoff ansah, anfühlte und bereits eine Idee für ein Projekt hatte. Irgendwann wohnte ich nur noch alleine mit meinem Hund Oliver in meiner Dachgeschosswohnung. Frau Hasselmann sorgte sich um meine Gesundheit und meinte dass ich womöglich bei all dem Stress das Essen vernachlässigte.
Nun wartete sie täglich auf mich. Wenn ich die Treppe herauf kam, öffnete sich ihre Wohnungstür, wie von Geisterhand und ihr bebrilltes Gesicht schaute um die Ecke. So versorgte sie mich mit frischem Obst und Gemüse aus dem Garten, den sie zur Pflege übernommen hatte. Ich werde nie vergessen, wie sie mich einmal empfing, mit zwei frischen Kopfsalaten und diese wie Ponpons hin und her schwang und dabei ausrief: "Heute gibt es frischen Salat!" Sie erinnerte mich an eine Cheerleaderin die für ihren großen Auftritt probte.
Ich war sehr traurig, als ich erfuhr, dass ich Frau Hasselmann nicht wiedersehen würde. Ihre Unmengen an Stoffresten erfreuen mich noch heute. Und wenn ich mit ihnen umherwerkele, dann denke ich mit einem versonnenen Lächeln an die freundliche und etwas resolute Omi mit den Cheerleaderqualitäten, die wie ich fand, etwas zu früh diese Welt verlassen musste.